Wirtschaftsrecht

17.03.2023: Rückforderung von Corona-Soforthilfen rechtswidrig

In den vergangenen Monaten erhielten Selbständige, die seinerzeit im Rahmen des ersten Corona-Lockdowns ab März 2020 von infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen betroffen waren und auf entsprechenden Antrag Corona-Soforthilfen erhielten, nun Schlussbescheide der zuständigen Bezirksregierungen, mit denen zur teilweisen und häufig überwiegenden Rückzahlung des ursprünglich gewährten Betrages aufgefordert wird.

Zuvor mussten per elektronischem Rückmeldeformular für den damaligen dreimonatigen Bewilligungszeitraum Angaben zu Einnahmen und Ausgaben gemacht werden. Aus diesen Angaben wurde ein „tatsächlicher Liquiditätsengpass“ errechnet. Die Differenz zum bewilligten Betrag wird nun zurückgefordert.

Das OVG Düsseldorf hat nun mit Urteil vom 17.03.2023 (4 A 1986/22) entschieden, dass diese Schlussbescheide regelmäßig rechtswidrig und aufzuheben sind.

Das Land NRW hat bei Erlass der Schlussbescheide die Vorgaben der Bewilligungsbescheide nicht beachtet. Insbesondere war das durchgeführte Rückmeldeverfahren so nicht vorgesehen. Das OVG Düsseldorf bemängelt, dass die dort zu machenden Angaben gar nicht geeignet waren, den damaligen tatsächlichen Bedarf richtig zu bestimmen. Außerdem wurden die Schlussbescheide vollständig automatisiert erstellt, wofür aber eine Rechtsgrundlage fehlt.

Wer also gegen einen Schlussbescheid Rechtsmittel eingelegt hat, darf nun damit rechnen, dass dieser aufgehoben werden dürfte.

Wer im Vertrauen auf rechtmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb der Monatsfrist kein Rechtsmittel eingelegt hat, sieht sich nun einem zwar rechtswidrigen aber bestandskräftigen Schlussbescheid ausgesetzt. In diesem Fall wäre aber die Möglichkeit eines Antrages auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG zu prüfen, sodass es doch noch zur Aufhebung des Schlussbescheids kommen könnte.

Das OVG Düsseldorf weist jedoch darauf hin, dass die Behörden nach Aufhebung des Schlussbescheids noch neue – dann rechtmäßige – Schlussbescheide erlassen können.

 

07.09.2021: Grundsatzurteil des BGH zu "Cum-Ex-Geschäften"

Der Bundesgerichtshof hat jüngst entschieden, dass es sich bei den sogenannten „Cum-Ex-Deals“ um vorsätzliche Steuerhinterziehung handelt und diese Geschäfte strafbar sind. Hierbei handelt es sich um eine Grundsatzentscheidung, die für die Justiz richtungsweisend ist: Derartige Fälle beschäftigen nach wie vor die Justiz mit einem Ausmaß von Schäden in Milliardenhöhe.

Dem Urteil des Bundesgerichtshofs liegt eine Entscheidung des Landgerichts Bonn aus März 2020 zugrunde, in der zwei Ex-Börsenhändler aus London wegen ihrer Cum-Ex-Aktiengeschäfte zu Haftstrafen auf Bewährung wegen Steuerhinterziehung verurteilt wurden.

Bei den Cum-Ex-Geschäften werden große Pakete von Aktien mit und ohne Dividendenanspruch rund um den Stichtag für die Ausschüttung zügig hin- und hergeschoben. Diese undurchsichtigen Transaktionen haben das Ziel, dass die Finanzbehörden den Überblick verlieren. Dadurch wird Kapitalertragssteuer erstattet, die nie gezahlt wurde.

Das Urteil des Landgerichts Bonn hat der Bundesgerichtshof nunmehr bestätigt. Neben den Haftstrafen wurde bei einem der Angeklagten die Einziehung von Taterträgen in Höhe von 14 Millionen Euro angeordnet. Zudem war an dem Skandal die Privatbank M.M. Warburg beteiligt, von welcher die Einziehung der Taterträge in Höhe von 176 Millionen Euro angeordnet wurde.

 

01.08.2021: Verschärftes Transparenzregister: Unternehmen müssen nachmelden

Am 01.08.2021 ist das neue Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz in Kraft getreten. Das bisherige Auffangregister ist nunmehr zu einem Transparenz-Vollregister geworden. Das bedeutet, dass das Transparenzregister künftig umfassendere Datensätze enthalten wird.

Das Transparenzregister wurde 2017 zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäsche-Richtlinie eingeführt. Ziel des Registers ist es, die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu stärken. In dem Transparenzregister sind Informationen über die wirtschaftlich berechtigten Personen hinterlegt, die hinter den Rechtsgestaltungen und Vereinigungen stehen. Bisher galten z.B. die Mitteilungspflichten einer GmbH als erfüllt, wenn sich die erforderlichen Angaben aus öffentlichen Registern wie dem Handelsregister ergaben. Aufgrund der Neuregelungen entfällt diese Erleichterung nunmehr, sodass alle juristischen Personen des Privatrechts zur Mitteilung an das Transparenzregister verpflichtet sind, auch wenn sich die erforderlichen Angaben aus öffentlichen Registern ergeben.

Unternehmen, die bislang von dieser Mitteilungsfiktion profitiert haben, müssen ihre wirtschaftlich berechtigten Personen nunmehr nachmelden. Hierfür gelten verschiedene Übergangsfristen zur Nachmeldung bis 2022.

 

13.04.2021: EU – Whistleblower – Richtlinie und das HinweisgeberschutzG

Die Europäische Union ist immer wieder für Veränderungen gut.

Die zum 16.12.2019 beschlossenen EU-Whistleblower-Richtlinie verpflichtet Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sowie Behörden und Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern künftig dazu, Kanäle einzurichten, über die Verstöße gegen nationales Recht und EU-Recht gemeldet werden können. So sollen die Unterbindung und Aufdeckung von Rechtsverstößen forciert werden. Zudem sollen die Melder entsprechender Verstöße („Whistleblower“) und Dritte, die bei der Meldung von Verstößen unterstützen,  besser geschützt werden.

Gemäß der Richtlinie müssen die zu schaffenden Meldekanäle eine entsprechende Meldung in schriftlicher, mündlicher oder persönlicher Form ermöglichen. Zudem ist jegliche übermittelte Information schriftlich oder durch eine Tonaufzeichnung dauerhaft und jederzeit abrufbar zu dokumentieren. Natürlich muss auch stets die Vertraulichkeit der Identität des Melders sichergestellt werden.

Die EU-Richtlinie ist bis zum 17.12.2021 in nationales Recht umzusetzen. Sie gibt den Mitgliedsstaaten noch die Möglichkeit, die Schwelle auf 250 Mitarbeiter hochzusetzen. Allerdings hat die Politik bereits einen Entwurf zum sog. Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG-E) vorgelegt, der die Übernahme der Schwelle von 50 Beschäftigten vorsieht.

Auch wenn abzuwarten bleibt, ob noch innerhalb der aktuellen Legislaturperiode der Entwurf verabschiedet wird, sollten Sie Unternehmen, insbesondere Klein- und mittelständische Unternehmen, bereits jetzt an die Umsetzung machen.

Haben Sie Fragen? Sprechen Sie uns an.

 

22.5.2019: Arbeitgeber müssen künftig wieder zur Stempelkarte greifen

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst entschieden: Arbeitgeber in der EU müssen künftig die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter vollständig systematisch erfassen. Ist das die Rückkehr zur Stechuhr?

Das Urteil wird in den Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich aufgenommen. 

Vor allem die Gewerkschaften sehen die Entscheidung des EuGH als vollen Erfolg. Viele Arbeitnehmer arbeiten noch spät abends von Zuhause aus weiter oder sogar am Wochenende. Die Befürworter sehen hier die Chance, dass die Arbeitnehmer wieder mehr zu Ruhe kommen und somit produktiver sind und weniger Krankheitsfälle auftreten. 

Auf der anderen Seite sehen viele Betroffene das Urteil als den Verlust von Flexibilität und Vertrauen. Vor allem Beschäftigte im Außendienst sowie Beschäftigte in kreativen Berufen sehen sich durch die Neuregelungen stark ausgebremst. 

Doch auch die Umsetzung wird sich künftig als schwierig gestalten. In vielen Bereichen lässt sich die Idee der „Stempelkarte“ nicht einfach umsetzen. Als Beispiel gilt der Beruf des Lehrers. Die Arbeitszeit wird nicht nur durch Unterrichtsstunden bestimmt, sondern auch durch das Vorbereiten, Korrigieren und Planen von Zuhause aus.  

Es bleibt abzuwarten, wie und vor allem wann die Neureglungen umgesetzt werden. Eine Hoffnung bleibt: Für kleinere Betriebe soll es Ausnahmen geben.

 

5.3.2018: Bereitschaftsdienste sind Arbeitszeit

Die Richter des EuGH haben entschieden: Muss der Arbeitnehmer seine Zeit zu Hause verbringen und innerhalb von Minuten einsatzbereit sein, zählt der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit!

Dem Urteil liegt folgender Fall zugrunde: Ein belgischer Mann arbeitet seit Jahren als freiwilliger Feuerwehrmann und ist außerdem in einem Privatunternehmen angestellt. Er hatte jeden Monat eine Woche Rufbereitschaft, die er von Zuhause aus leistete. Der Mann klagte gegen die Stadt Nivelles, um Entschädigung für seine Bereitschaftsdienste zu bekommen, da diese für ihn zur Arbeitszeit zählen.

Auch der EuGH kam zu dem Entschluss, dass Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit anzusehen sind. Begründet wird diese Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Einsatzbereitschaft eingeschränkt ist anderen Tätigkeiten nachzukommen. Im vorliegenden Fall muss der belgische Feuerwehrmann innerhalb von acht Minuten einsatzbereit sein.

Auch wenn die Entscheidung des EuGH nur für den vorliegenden Fall getroffen wurde, dürften von dem Ergebnis und der Problematik auch andere Berufsgruppen betroffen sein.

 

7.7.2017: Registrierung energiewirtschaftlicher Daten – Das Marktstammdatenregister 

Dank der Energiewende ist der Energiemarkt vielfältiger geworden. Dies gilt besonders für den Strommarkt. Dieser kennzeichnet sich mittlerweile durch eine Vielzahl von Anlagenbetreibern. Durch den enormen Anstieg der Energieerzeugung ist ein umfassender Überblick über die verschiedenen Akteure untergegangen. Doch die Einführung des Marktstammdatenregisters (MaStR) soll das jetzt ändern: Eine Zusammenführung aller zentralen Stammdaten in einem Register.

Ziel des Markstammdatenregisters

Das MaStR soll eine umfassende Übersicht über die Akteure des Strom- und Gasmarktes werden, die von den Behörden und den Akteuren selbst genutzt werden kann. Die Grundlage dafür hat § 111e EnWG geschaffen. Durch das MaStR haben Behörden einen einfachen Zugriff auf die Daten der Akteure, sodass eigene behördliche Meldepflichten vereinfacht werden oder sogar ganz wegfallen. Betrieben wird das MaStR von der Bundesnetzagentur (BNetzA). Es wird damit nicht nur eine Übersicht über energiewirtschaftliche Daten geschaffen, sondern auch das zentrale Verzeichnis des Anlageregisters und das Photovoltaik-Meldeportal abgelöst.

Die Registrierung – wer und was ist registrierungspflichtig?

Die einzelnen Akteure müssen sich bis zum Start des MaStR registrieren. Das ist vor allem für die Netzbetreiber zwingend notwendig, da diese die Daten kontrollieren müssen. Sobald das MaStR eingeführt wird, müssen die Marktakteure Sorge dafür trage, dass die Daten vollständig und aktuell sind – was bei Nichteinhaltung zu möglichen Sanktionen führen kann.

Die Registrierung erfolgt mit Hilfe eines Online-Einrichtungsassistenten, mit dem man die folgenden drei Schritte absolviert:

1. Anlegen eines MaStR-Kontos

2. Erfassung der Stammdaten

3. Registrierung der Marktakteure zur Wahrnehmung der verschiedenen Marktfunktionen

In § 3 der MaStRV sind die registrierungspflichtigen Akteure aufgelistet. Darunter zählen unter anderem Betreiber von Einheiten und organisierten Marktplätzen, Bilanzkreisverantwortliche, Netzbetreiber sowie Stromlieferanten und Transportkunden. Akteure, die nicht registrierpflichtig sind, können sich freiwillig registrieren.

Gemäß § 5 MaStRV müssen sich nicht nur die Marktakteure selbst, sondern auch die ortsfesten Einheiten zur Erzeugung, Speicherung oder zum Verbrauch von Strom oder Gas registrieren. Dazu zählen beispielsweise EEG-Anlagen oder Großverbraucher.

 

17.5.2017: Verbraucherschutz bei Telefonwerbung verstärkt

Überraschende und ungebetene Werbeanrufe sind seit Jahren ein erhebliches Problem für Verbraucher, deswegen möchte der Bundesrat sie mit seinem neuen Gesetzentwurf vor Belästigung und Überrumpelung durch solche Telefonate schützen.

Die bisherigen Maßnahmen haben in „nicht in ausreichendem Maße zur Verbesserung der Situation beitragen können“ – so heißt es in der Gesetzesbegründung. Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken aus 2013 hatte zwar einen Bußgeldbestand für unerlaubte Werbeanrufe eingeführt, dieser brachte jedoch bei weitem nicht den gewünschten Erfolg.

Der nunmehrige Vorschlag der Länderkammer berücksichtigt die Erhebungen der Verbraucherzentralen und die Verbraucherrechte-Richtlinie der EU. Zukünftig sollen durch ungebetene Telefonate zustande gekommene Verträge nur dann gültig sein, wenn der Unternehmer sein Angebot per Fax, Post oder E-Mail bestätigt und der Verbraucher den Vertrag genehmigt.

Der Gesetzesentwurf wird zunächst der Bundesregierung zur Stellungnahme, anschließend dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt.